Eine Grenze teilt das eine vom anderen. Im Falle der Migrationsforschung können das beispielsweise nationalstaatliche Grenzen sein. Diese Grenze aufzustellen, sie mit einem Schlagbaum zu markieren, sie gegen ungebetene Gäste zu verteidigen und damit die bloße Existenz der Grenze erst sichtbar und erfahrbar zu machen, ist ein Vorgang, der von jemandem durchgeführt werden muss. Dieser jemand ist das Grenzregime. Es bestimmt den Ort der Grenze, ihre Durchlässigkeit und den Umgang mit der Grenzüberschreitung. In ihrem Beitrag „Migrationsforschung als Kritik“ bezeichnen Paul Mecheril et al dieses Regime als die „politischen, kulturellen und interaktiven Mechanismen der Regulation und Steuerung von Migration bzw. globalen Wanderungsprozessen“ (S.19).
Ein Grenzregime bestimmt also den Umgang mit Migration, mehr noch, ohne das Grenzregime, dass eine Grenze bestimmt, gäbe es gar keine Migration, da es keine Grenze gibt die überschritten werden könnte. Wer aber ist nun dieses Grenzregime? Ist es die Regierung? Oder sind es die Anwohner? Die Migrationsforschung gibt hierauf eine spannende Antwort: Das Grenzregime sind wir alle, in dem Moment, wo wir eine Grenze als gesetzt akzeptieren, und uns der Ordnung unterwerfen, die dadurch entsteht. Wenn ich sage „Mach die Tür zu, damit die Fliegen / die Kälte / die Blätter nicht reinkommen“, dann bin ich Ausführende eines Grenzregimes (im Kleinen). Ich bestimme dadurch, wo drinnen anfängt und wo draußen endet. Problematisch wird es nur, wenn nationale Grenzen ebenso abgeschlossen konstruiert werden, wie Häusergrenzen. Wenn hier das Grenzregime entschließt „Macht die Tür zu, damit XY nicht reinkommt oder Z nicht rauskommt“, wird ein sozialer Raum hergestellt, der Sicherheit gegen Freiheit eintauscht. Wir als Grenzregime dürfen uns fragen, wieviel wir wovon kaufen wollen und zu welchem Preis.