Über Magie wurde bereits viel gesagt und geschrieben. Unterschiedliche Disziplinen und Akteure sind dabei zu Wort gekommen, wie etwa Magie-Praktizierende selbst, verschiedene (kultur- und sozial-)wissenschaftliche Disziplinen, private, staatliche oder konfessionelle Sprecher, und Produzent*innen popkulturelle Medien über Magie, wie etwa die sogenannte Fantasy Sparte.
Obwohl all diese Diskursteilnehmer*innen von „Magie“ sprechen und scheinbar eine Idee haben, was Magie sein könnte, existiert kein verbindlicher, allgemein ausgehandelter Begriff (wie bei jedem anderen semantischen Konzept auch, wie es die Semiotik des französischen Sprachwissenschaftler De Saussure verdeutlicht hat).
Was entsteht, wenn unterschiedliche Akteure zu einem kulturellen Topos wie Magie Bedeutung (und ebenso Ästhetiken, Materialitäten, Symbole oder allgemein einen „Ausdruck“) hinzufügen ist eine Ansammlung.
Die französischen Philosophen Deleuze und Guattari haben diese Ansammlung nach der gleichnamigen Kunstgattung als Assemblage bezeichneten (Deleuze and Guattari 1980). Eine Assemblage als Kunstwerk ist ein Ganzes, das vom Künstler durch viele Teil-Elemente zusammengesetzt wird. Ein Beispiel für eine Assemblage ist dieses Werk von Deana Lawson:
Nun zurück zur Magie: Konzeptionell kann sie als diese Sammlung von unterschiedlichen Versatzstücken gegriffen werden. Was und wie Magie ist (wie sie aussieht, wie sie wirkt, wie sie durchgeführt wird, was sie zum Zweck hat, woher sie kommt, woran sie erkennbar wird, wie sie erlebbar wird, ob sie ontologisch echt ist oder eine literarische Gattung, ob sie moralisch gut, schlecht oder indifferent ist, usw.), wird von einer ganzen Bandbreite von Institutionen, Personen und Netzwerken „gesammelt“. Diese Akteure sind nicht alle einer Meinung, zum Teil stehen sie sogar im heftigen Widerspruch. Aber genau diese unterschiedlichen Facetten und Standpunkte sind auch Teil des Ganzen, weil sie sich wechselseitig beeinflussen, und sei es nur durch die Abgrenzung: „Na, also das ist es ja nun wirklich nicht!“
In der Theorie von Deleuze und Guattari ist mit dieser Kombination von Bausteinen die horizontale Achse der Assemblage. Es ist quasi das Material, mit dem bei einem Doing Magic gearbeitet werden kann.
Die vertikale Achse wiederum beschreibt für Deleuze und Guattari, wie aus diesem Material die Assemblage (also in unserem Fall Magie) konkret situativ hergestellt wird. Sie ist sozusagen die Performanz von Doing Magic. Aus den vorhandenen Bausteinen der horizontalen Achse wird durch das tatsächliche Ausführen in der vertikalen Achse eine Realisierung dessen, was Magie sein kann.
Wenn wir also von Doing Magic sprechen, haben wir es mit zwei Bedeutungsebenen zu tun. Zum einen ist es auf der horizontalen Achse ein gemeinsames Sammeln von Zuschreibungen, also das konstruieren einer Idee „was Magie ist“. Zum anderen ist es auf der vertikalen Achse die kulturelle Praxis von magischen Ritualen, die ganz konkret in einer bestimmten Situation durchgeführt werden.
Literatur: Deleuze and Guattari (1980): “A thousand plateaus: Capitalism and Schizophrenia.” Minneapolis: University of Minnesota Press.