Wir haben in einem unserer Diversity-Seminare die Teilnehmer gefragt: „Woher wisst ihr eigentlich, was ihr wisst?“. Die Antworten kamen schnell: von den Eltern, aus dem Umfeld, aus der Schule oder dem Studium, aus den Medien und so weiter. Schließlich kam der Vorschlag: „Ich weiß was ich weiß aus eigenen Erfahrungen. Beispielsweise durch ausprobieren, üben oder reisen.“ Es stellte sich heraus, dass unsere Teilnehmer diesem Wissen am allermeisten Vertrauen schenkten, schließlich handelte es sich ja um Dinge, die „am eigenen Leib“ erlebt wurden – welchen besseren Beweis könnte man erwarten?
Aber wie kommt dieses Wissen „aus eigenen Erfahrungen“ in unseren Kopf? Mit unseren fünf Sinnen, resümierte ein Teilnehmer. Wir hören und sehen Dinge, wir schmecken und riechen sie und wir können mit unserer Haut auch fühlen, welche Temperatur oder Beschaffenheit sie haben. Aber damit nicht genug. Wenn diese Informationen erstmal in unserem Gehirn angekommen sind, dann denken wir darüber nach. Wir interpretieren das Wahrgenommene und kommen zu einem Ergebnis.
Und? Sind wir die kreativen Schöpfer und Erfinder dieses Ergebnisses? Naja, eigentlich ja nicht, räumte eine junge Frau ein. Eigentlich vergleichen wir es mit dem, was wir schon kennen. Wenn ich zuerst einen Apfel kenne und danach eine Mango esse, dann werde ich die Mango damit vergleichen und sie kommt mir recht groß vor und irgendwie klebrig und schwierig zu essen mit ihrer Schale und dem großen Kern. Wenn der Apfel mein Proto-Obst ist, schneidet die Mango schlecht ab, weil sie weniger „apfelig“ ist. Dass die Mango ein schlechtes Obst ist, wenn ein gutes Obst als ein Apfel definiert ist, stimmt.
Wenn ich zuerst die Mango kenne und danach den Apfel probiere, dann kommt mir der Apfel fast schon sauer und unglaublich hart und klein vor. Mit der Mango als Zielscheibe meiner Orientierung trifft der Apfel nicht gerade ins Schwarze. Dass ein Apfel ein schlechtes Obst ist, wenn ein gutes Obst die Mango ist, stimmt ebenfalls. Das nennt die Linguistik die Semantik der Prototypen. Wir kommen zu unserem Ergebnis im Vergleich zu dem, was wir schon vorher kennen oder was uns so beigebracht wurde.
Jetzt kommt der Clou: Nicht erst unsere Interpretation, sondern bereits unsere Wahrnehmung, ja sogar unsere fünf Sinne sind kulturell geprägt. Nicht einmal die eigene Nase riecht objektiv. Es gibt immer eine Vorgeschichte, einen Fokus, eine Einschränkung, wenn wir mit unserem Paket Menschlichkeit in der weiten Welt herumlaufen.
Wir wissen was wir wissen, weil wir (1) etwas mit unseren bereits geschulten Sinnen wahrnehmen und (2) interpretieren auf Basis dessen was wir bereits einmal bewertet haben. Verändern wir ein Parameter dieser Gleichung, verändern wir das gesamte Wissen.