Kultur machen? Kultur herstellen? Kultur (re)produzieren? Was ist damit eigentlich gemeint?
Die Nutzer dieser Wendung „Doing Culture“ verstehen Kultur nicht als etwas, worum ich einen Kreis ziehen könnte, draufzeige und sage: Tada! Das ist Kultur. Die Idee dahinter ist vielmehr, dass Kultur etwas ist, dass ich mache, dass beim Machen entsteht, sich wiederholt und weiterentwickelt.
Beispiel: Stellen wir uns mal eine Nudel vor, beispielsweise eine Spaghetti. Diese Nudel hat ihre Entstehungsgeschichte, ihre Bedeutsamkeit für die Ernährungsweise, beispielsweise von einer Menge Studenten, ihre Tradition in der Zubereitung und so weiter. Die Spaghetti an sich ist aber noch nicht das, was mit „Doing Culture“ gemeint ist. Es ist vielmehr die Herstellung dieser Nudel, dessen Kauf, die Zubereitung, der Verzehr, die furchtbaren Flecken auf dem Shirt und so weiter, die für eine Person das Kulturelle der Spaghetti erfahrbar werden lässt. Es ist eine „praktisch hergestellte Materialität, die mit anderen Materialitäten [Topf, Löffel, Geschirr, Pesto, Shirt…] netzwerkartig verknüpft ist.“
Die Idee dahinter ist, dass der „kulturelle Sinn“, das wozu es da ist, erst durch die Praxis, das gemeinsame Handeln, für mich deutlich wird. Kultur ist nicht die Nudel, Kultur ist vielmehr der Prozess mit der Nudel.
Wer sich nun Gedanken macht über die Kultur an seinem Arbeitsplatz, dem sei noch folgender Gedanke mitgegeben: Kultur ist nicht das Großraumbüro, die Kaffeeküche oder das Intranet. Kultur ist wie ich und mein Umfeld mit dem Großraumbüro, der Kaffeeküche, dem Intranet vernetzt sind, was wir darin machen, dadurch können, dem zuliebe lassen und auf welche Ideen wir (nicht) kommen.
Hörning & Reuter 2004: Doing Culture. Neue Positionen zum Verhältnis von Kultur und sozialer Praxis, S.12.