„Die Macht der Macht besteht ja gerade darin, daß sie auch ohne den ausdrücklichen `Befehl´ Entscheidungen und Handlungen bewegen kann. Die Macht ist der Freiheit nicht entgegengesetzt. Es ist gerade die Freiheit, die die Macht von der Gewalt oder vom Zwang unterscheidet.
Byung-Chul Han (2005): Was ist Macht? S. 18.
In anderen Worten: Der Autor (Prof. Kulturwissenschaft Universität der Künste, Berlin) will in seinem Beitrag ein Konzept von Macht vorstellen, dass dem gängigen „Ich kann dich dazu zwingen, weil ich so mächtig bin“-Bild widerspricht. Er sagt, dass derjenige mächtig ist, der es schafft den anderen zu überzeugen aus freien Stücken Dieses oder Jenes zu tun. Diese Person ist deutlich mächtiger, als derjenige, der das Milchgeld klauen kann, weil er groß und stark ist oder derjenige, der am längeren Hebel sitzt, weil er entlassen oder verhaften kann. Han ist der Meinung: Macht ist, wenn jemand so überzeugen kann, dass man ihm vertraut und freiwillig folgt und dabei der Meinung ist, dass diese Entscheidung richtig und gut ist.
In der Konsequenz heißt das auch, dass die größere Macht die unsichtbarere Macht ist. Ein Machtregime, dass mittels Waffeneinsatz, Militärparaden, Folterung – kurz: mittels körperlicher Gewalt seine Macht herstellt, legitimiert und erhält ist für Han zwar durchaus ein wirkungsvolles Regime, aber ein schwaches. Wer so sehr in Erscheinung treten muss ist nicht mächtig, sondern höchstens gewaltig.