Von der Gewohnheit und der Neugier
Es gibt eine Sache, die uns oft ein unbeschreiblich tolles Gefühl gibt. Wir fühlen uns damit sicher und wie zuhause. Diese Sache haben wir uns immer wieder neu antrainiert neu erfunden. Ich spreche von der Gewohnheit.
In dem Wort steckt schon der Begriff „wohnen“, wir haben uns diesen Lebensstil zu unserer „Wohnung“ gemacht, wir leben darin. Unsere Gewohnheit ist uns vertraut und wenn wir „aus unserem Haus“ gehen und in Kontakt mit anderen kommen, wird uns unsere Wahrnehmung möglicherweise eine Falle stellen. Was wir nun „da draußen“ alles sehen vergleichen wir automatisch mit Zuhause, unsere Gewohnheit. Wir werden möglicherweise etwas sehen und sagen: „Das kenne ich von zuhause, das ist ein Bügeleisen.“ Dann kommt es uns komisch vor, wenn der andere das „Bügeleisen“ benutzt, um damit sein Toastbrot zu rösten. Vielleicht sagen wir ihm sogar: „Hey, das benutzt du völlig falsch!“ Diese Falle unserer Wahrnehmung nennt die Kulturwissenschaft auch „Ethnozentrismus“. Wir nehmen die Welt so wahr, als sei unsere Ethnie, hier mal sehr freizügig mit „Gewohnheit“ übersetzt, das Zentrum der Welt, als sei sie das Normale für alle. Wenn dann Menschen in Kontakt kommen, beide mit ihrer Ethnozentrismus-Brille auf, sind Kommunikationsprobleme und Streit vorprogrammiert.
Die Lösung aus dem Dilemma nennt die Kulturwissenschaft „Kulturrelativismus“. Das heißt wir tauschen den Wahrnehmungsfilter aus. Jetzt gehen wir nach draußen mit der Bewusstheit, dass die Art, wie wir die Welt sehen eine relative Art ist. Meine Art den Gegenstand zu benutzen, den ich „Bügeleisen“ nenne, ist nicht richtiger als die Art des anderen. Ich tausche meine Bewertung gegen Neugierde. Ich frage mich jetzt: „Wow, das kenne ich so nicht. Was steckt dahinter?“
Das Nette daran: Meine „Wohnung“ bekommt plötzlich einen neuen Anstrich und was mir vielleicht schon manchmal fad und eintönig vorgekommen ist, kann ich jetzt vielleicht nochmal völlig neu entdecken.