„Fremdheit ist […] eine kommunikativ erzeugte Zuordnung, d. h. sie gehört zu einer bestimmten Ordnung und ist damit eine der sinnhaften Hervorbringung sozialer Wirklichkeit.“ (S. 13) „Mit ihr unterscheiden wir die Sphären der Vertrautheit, in denen wir uns sicher und routiniert bewegen, von den Bereichen, über die wir nichts sagen können, entweder weil sie uns gänzlich unbekannt sind, oder weil wir keinen Zugang zu ihnen besitzen.“ (S. 23) „[…] Fremdheit ist nicht nur das Resultat einer Begegnung, sie muß auch durch praktischen Vollzug in Gang gehalten werden, indem sich Personen konstant als Fremde behandeln […]. Fremdheit als Beziehung impliziert daher immer auch eine Darstellungsleistung.“ (S. 29) „Fremde können […] das Problem des Nicht-Verstehens handhabbar machen.“ (S. 40) Julia Reuter (2002): Die Ordnung des Anderen.
In anderen Worten: Die Autorin (Prof. Kultursoziologie, Uni Köln) deckt die Kategorie der Fremdheit als eine Leistung der Orientierung auf. Fremdheit macht Sinn, sagt sie. Wir spielen täglich gemeinsam einvernehmlich „fremd sein“ in der Öffentlichkeit, damit wir nicht jedem vertraut sein müssen. Das wäre nicht nur furchtbar anstrengend, sondern auch über alle Maßen überfordernd.
Außerdem sortieren wir „das da“ oder „den da“ als fremd ein, um mit dem Unbekannten irgendwie umgehen zu können. Ich entscheide mich dafür, es fremd zu finden und sicherlich habe ich gute Gründe dafür. Das mache ich beispielsweise, weil ich es noch nicht kenne, weil ich es blöd finde oder weil ich nicht da drankomme. Wichtig ist: „das da“ ist nicht per se fremd, sondern ich mache es „fremd“, indem ich es so einsortiere im Hirn.
Regt doch zum Nachdenken an… Über wen oder was habt ihr heute entschieden, dass er / sie / es fremd ist und warum? Welchen Zweck habt ihr euch damit erfüllt? Und welche Konsequenzen ergeben sich dadurch für euch und ihn/ sie /es?