„Die Menge an Kapital, über die ein Akteur verfügt, und die Zusammensetzung der verschiedenen Kapitalformen [: ökonomisch, kulturell, sozial und symbolisch], über die [ein Akteur] verfügt, bestimmen seine Position im sozialen Raum der Klassen.“ „Das Kapitalvolumen und die Kapitalzusammensetzung bestimmen letztlich die soziale Position eines Akteurs innerhalb einer gesellschaftlichen Klasse. Der Habitus eines Akteurs wird mithin primär als Ausdruck der Lebensbedingungen von Klassen gedacht.“
In anderen Worten: Bourdieu (1930 – 2002, Prof. Soziologie, zuletzt Collège de France) sagt: der Habitus, also Lebensstil in Form und Farbe lässt vermuten, in welcher sozialen Klasse jemand lebt. Das heißt für ihn: wieviel (und welches) Kapital jemand besitzt. Kapital kann verstanden werden als getane Arbeit (etwas, worin wir „investiert haben“ im Leben), aber auch als unsere Potenz und somit unser Potenzial zur Ausübung von Macht; und damit meine ich hier unsere Wirksamkeit unserer Absichten zu realisieren.
Wir hatten ja bereits darüber gesprochen, dass Wissenschaft versucht, die Komplexität „da draußen“ zu reduzieren, um sie greifbar zu machen. Zu diesem Zweck werde ich hier Typologien anbieten, um die Idee des Kapitals überdeutlich zu machen.
Zunächst wäre da das finanzielle Kapital, sprich Cash (oder auch nicht-liquides Geld für alle, die es ganz genau nehmen): der Millionär, der Entrepreneur, der Erbe. Zweitens nennt Bourdieu kulturelles Kapital in Form von Bildung oder auch Kunsteigentum: die belesene Dichterin, der Gallerist, die Professorin. Das soziale Kapital meint die Anhäufung von interessanten Netzwerken, Freunden, Kollegen und „Vitamin B“: die Lobbyistin, der YouTube-Star, die beste Freundin von Cate Moss und Tom Bohne. Und schließlich mündet all dies in dem sozialen Kapital, das quasi als Symptom für die Anhäufung von Kapital 1-3 verstanden wird: die Anerkennung, die Titelseite, der Pokal, die Namensnennung, der „Credit“, der uns verliehen wird.
Beobachtung am Rande: in meiner Wahrnehmung kommt ein Kapital selten allein / wird ein Kapital selten allein verwehrt. Wer finanzielles Kapital hat, ist oft auch gut vernetzt. Wer gebildet ist, erhält dafür oft auch Anerkennung. Wer keinen Zugang zu Kapital hat, erhält oft eine schlechtere Bildung oder weniger Anerkennung.
Fazit: Ihr wollt einen guten Job? Dann investiert in eure Bildung und in eure Kontakte. Ihr wundert euch über Obdachlose und Schulabbrecher? Dann fragt euch mal, mit welchem Grundkapital sie ins Rennen gegangen sind.
Über Pierre Bourdieu in Bongaerts (2012): Sinn, S. 77.